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Midi Umbau einer Akkordeonorgel Teil 1

Aktualisiert: 21. Dez. 2022

Im ersten Teil geht es um das Ziel, die Kosten, Kauftipps, benötigte Hard und Software und was man sonst so braucht. Dann geht es los mit der Diskantseite.

So sieht das Endergebnis aus


So sieht die VOX N im Originalzustand aus


Idee und Ziel

Eine alte gebrauchte Akkordeonorgel soll möglichst preiswert umgebaut werden. In diesem Fall betrifft es eine Hohner VOX N. Es kann aber auch eine andere Akkordeonorgel sein, das Prinzip ist immer das gleiche. Klar, dafür gibt es auch fertige Lösungen. Die sind aber sehr unflexibel und meist zu teuer. Was liegt also näher, als es selbst anzugehen, zumal die benötigten Bauteile für wenig Geld zu haben sind. Was ein neues Midiakkordeon kostet wird jeder wissen, der das hier liest.

Nach Fertigstellung hat man ein Midiakkordeon mit USB Anschluss, das einfach an einen PC oder Notebook angeschlossen wird. Es ist kein spezieller Treiber notwendig. An der Orgel können per Kipptaster und Regler Instrument, Midikanal, Lautstärke und oktavenweise die Tonhöhe getrennt für Diskant, Grundbass und Akkordbass eingestellt werden. Mit der Balgstellung ändert sich die Gesamtlautstärke. Hierzu wird eines der zwei vorhandenen Hohner-Potis genutzt, die sich im Balg befinden. Zwei Displays zeigen das gewählte Instrument, den Midikanal und die Oktaveneinstellung an.

Warum so viel Aufwand, ein einfacher Midianschluss reicht doch, alles andere stelle ich am Computer ein? Stimmt, ist mir aber zu umständlich. Ich mag nicht jedes Mal die Soundsoftware starten, ein passendes Instrument suchen, den Midikanal zuordnen, die passende Tonhöhe wählen und mich dann in den Klängen und Möglichkeiten der Soundsoftware verlieren.


Kosten

Der Preis der gebrauchten Akkordeonorgel sollte zweistellig sein, alles andere ist zu viel.

Für die Bauteile muss man mit 70-80 Euro rechnen.

Kosten für Werkzeug kommen eventuell dazu.


Kauf einer Akkordeonorgel

So eine Orgel wird immer wieder einmal angeboten, sei es zum Sofortkauf über eine Kleinanzeige oder zur Ersteigerung. Ein paar Dinge sollte man allerdings beachten.

Wir brauchen keine perfekt erhaltene, spielbare Orgel. Ein defektes Instrument ohne jegliches Zubehör reicht uns.

Anzeigetext „Ich weiß nicht, ob das Instrument funktioniert, ich habe keine Ahnung“ heißt, das Teil ist defekt. Das macht aber nichts.

Anzeigetext „Rarität“ stimmt nicht. Die Dinger sind nicht rar.

Anzeigetext „Hat lange gestanden“. Ihr könnt damit rechnen, dass diese Orgel nach feuchtem Keller riecht. Es dauert lange, bis man den Geruch wieder los ist. So lange kein Schimmel und Rost die Orgel befallen haben, könnt ihr zugreifen. Darüber soll sich der Käufer äußern. Macht er das nicht, Finger weg. Außerdem schmälert das den Preis.

Unscharfe Fotos deuten meistens auf eine Vertuschung hin. Auch das billigste Smartphone macht scharfe Fotos. Bittet den Käufer um schärfere Abbildungen.

Schaut euch den Zustand der Tasten auf den Fotos genau an. Sind einige Tasten abgegriffen? Dann wurde die Orgel sehr viel bespielt. Es besteht die Gefahr, dass einige Kontakte der Tasten nicht mehr in Ordnung sind. Das lässt sich reparieren, kostet aber viel Zeit. Stehen einige schwarze Tasten höher als andere? Die schwarzen Tasten werden durch kleine Metallstege gehalten. Wenn die Stege brechen, stehen die Tasten hoch. Das ist nicht einfach zu reparieren.

Hat die Orgel Beulen oder grobe Macken? Lasst lieber die Finger davon. Im Inneren wird es nicht besser aussehen.


Welche Kenntnisse und Fähigkeiten brauche ich?

Zeit und Geduld: jede Menge

Programmieren: schadet nicht, insbesondere wenn ihr eigene Wünsche verwirklichen wollt. Ist aber nicht notwendig.

Löten: unbedingt.

Elektronik: Grundkenntnisse auf jeden Fall. Ihr solltet zumindest wissen, wie man Leitungen misst und Kontakte überprüft und wie man Schaltpläne liest.

Handwerkliches Geschick: ihr müsst mit Schraubendreher, Zange und Lötkolben umgehen können.

Es lässt sich grundsätzlich alles lernen. Für vieles gibt es Anleitungen im Internet. Wer zum Beispiel noch nie gelötet hat, sollte das erst einmal ein paar Tage üben. Meine Empfehlung: kauft euch eine vernünftige Lötstation.


Brauche ich spezielles Werkzeug?

Ja, man benötigt eine Crimpzange für Dupont Stecker. Man bekommt so etwas auch als Set. Da sind dann schon alle Stecker, Buchsen und so weiter dabei. Es geht auch ohne Zange, indem man vorgefertigte Leitungen kauft oder die Leitungen direkt verlötet. Letzteres wird dann aber sehr unübersichtlich und vor allem wird eine eventuelle Fehlersuche kompliziert und kostet viel Zeit.


Welche Bauteile werden benötigt?

1 Arduino Mega

1 Arduino Leonardo

100 Widerstände 220 Ohm, ¼ Watt. Ihr braucht nicht ganz so viel, ist aber als 100er Pack günstiger.

6 Kipptaster. Bitte nicht die Billigsten nehmen. Die sind hakelig und halten nicht viel aus.

2 Drehregler. Ich habe KY-040 verwendet

2 LCD Displays, 2x16 Zeichen mit I2C Adapter. Ich habe HDD44780 verwendet

2 USB Einbaubuchsen

1 Streifenrasterplatine

1 USB Leitung mit zwei USB A-Steckern für die Verbindung von der Orgel zum Computer. Ich empfehle mindestens 3 Meter.

1 Set Litzen, 0,14 mm

1 Dupont Stecker Set. Darin sollten Stiftleisten, Stecker und Buchsen enthalten sein. Alternativ kann man fertige Leitungen kaufen, man braucht dann aber trotzdem die Stiftleisten.


Brauche ich einen 3D Drucker?

Ich habe einen und möchte nicht mehr darauf verzichten. Man kann die Frontplatte für die Schalter und Displays und die Halterung für die USB Buchse auch aus Alu, Holz oder anderem Material anfertigen. Da sind die Geschmäcker verschieden.


Computer, Software?

Ich habe einen mehr als 10 Jahre alten PC verwendet. Das funktioniert einwandfrei ohne hörbare Latenzen. Allerdings habe ich die alte Festplatte gegen eine 1 TB SSD Festplatte getauscht und den Speicher auf 8 GB erweitert. Das Betriebssystem ist Windows 10.

Die Soundsoftware ist Kontakt von Native Instruments. Die freie Version ist kostenlos erhältlich. Damit kann man erst einmal starten. Darin sind schon einige Instrumente enthalten und es gibt jede Menge User, die ihre eigenen Samples zur Verfügung stellen.

Die Vollversion ist nicht billig, aber es werden hunderte wirklich gut klingende Instrumente mitgeliefert. Ich will dafür keine Werbung machen, davon habe ich nichts. Die Orgel funktioniert auch mit anderer Midi Software.


Los gehts mit der Diskantseite

Zuerst wird die Abdeckung auf der Diskantseite abgenommen. Die Platine im oberen Bereich wird entfernt. Sie kann entsorgt werden.

Nachdem die Platine entfernt ist, die darunter liegenden Bleche abschrauben, ebenso das Blech mit der Buchse und das komplette Blech mit den Registerschaltern. Die Leitungen von Buchse und Registerschaltern einfach abschneiden.





Im Bild oben sieht man sehr schön die Einheit mit den Kontakten und Widerständen, bestehend aus drei Platinen. Die obere Platine und die Widerstände werden später entfernt. Dazu kommen wir noch.

Nun wird das Oberteil, also die Diskantseite, abgeschraubt.

Das Bassteil mit dem Balg kann erst einmal getrennt werden. Die Zugangsleitung ist gesteckt. Einfach abziehen. Abgezogen sieht das so aus:



Das Bassteil wird nun beiseite gelegt. Wir widmen uns jetzt dem Diskantteil. Die drei Platinen werden aus den Halterungen entfernt und entsorgt, die Platine rechts daneben, also die mit dem Kondensator auf dem Foto unten, ebenfalls.



Das komplette Blech mit der Platinen-Halterung ausbauen. Die Platinen können herausgeschoben werden. Die oberen beiden Einzelhalterungen entfernen. Auf dem folgenden Bild sieht man die ausgebaute Halterung nach dem Entfernen der oberen Einzelhalterungen.



Jetzt wird es ein wenig komplizierter. Das nächste Foto zeigt die Diskantseite von innen.

Man sieht die Leitungen, die an den Kontakten an der oberen Platine gelötet sind. Die obere Reihe der Leitungen abschneiden und aus dem Kabelbaum ziehen. Die unteren Leitungen brauchen wir noch.



Nun das Abdeckblech entfernen, so dass man an die darunter liegende Platine mit den Widerständen kommt. Das muss so aussehen:



Die übrig gebliebenen Leitungen nacheinander ablöten und an der gleichen Stelle eine Platine tiefer wieder anlöten. Also statt hinter den Widerständen, vor den Widerständen oder anders gesagt von oben nach unten:



Jetzt wird die obere Platine inklusive der Widerstände entfernt. Die Widerstände einfach abknipsen. Danach das Abdeckblech wieder anbringen:



Die Leitungen des Kabelbaums haben am Ende unterschiedliche Längen. Sie werden auf die Länge der kürzesten Leitung gekürzt um sie mit Steckern zu versehen.



Ich habe der besseren Übersicht halber die Tasten mit 1 bis 45 im Schaltplan nummeriert. Taste 1 ist also ganz oben, das tiefste „F“, Taste 45 ganz unten, das höchste „A“.

Jeweils 6 Tasten werden auf einen Stecker gelegt. Auf dem Foto sieht man als Beispiel im Vordergrund den Stecker mit der Beschriftung für die Tasten 13 bis 18.

Wer die Leitungen nicht crimpen, sondern hinterher direkt auf die Platine löten möchte, hat erst einmal Arbeit gespart, macht sich aber später das Leben schwer. Ich spreche da aus Erfahrung. Ich habe mindestens drei Mal fast von vorne begonnen. Stecker anbringen statt Löten war ein Grund davon.


Crimpen ist ganz einfach. Man sollte es vorher etwas üben. Ich hatte mir im Internet einige Videos dazu angesehen. Da war nichts Gutes dabei. Ich habe folgende Methode für mich herausgefunden:

Die Leitung circa 4 Millimeter absetzen. Dann den Stecker vorbereiten, indem man die Laschen ein wenig zusammendrückt, so dass es wie ein U aussieht. Nun den Stecker in die Kerbe der Zange mit der Bezeichnung 0.25 – 0.5 einführen und zudrücken bis der Stecker rund ist. Das sind bei meiner Zange drei Klicks.

Stecker zurechtbiegen und in die Zange legen:

Zudrücken bis die Öffnung rund ist:


Der Stecker kann nun nicht mehr aus der Zange fallen. Die Leitung etwas verdrehen, damit keine einzelnen Drähte abstehen. Dann die Leitung langsam einführen bis ein kleiner Widerstand spürbar ist und zudrücken.


Die Dupont-Stecker und Buchsen passen in das Plastikteil nur in einer Richtung. Da kann man nicht viel verkehrt machen. Wie schon oben erwähnt crimpen wir jeweils 6er Stecker für die Tastkontakte.


Stecker und Plastikteil mit der Öffnung nach oben verbinden. Den Stecker hineinschieben, bis er einrastet und nicht mehr herausgezogen werden kann. Im obigen Bild ist der Stecker halb hineingeschoben.


Nun wird die Plus-Leitung für die Tastkontakte angelötet. Auf dem nächsten Foto sieht man auf der linken Seite den angeschlossenen Pluspol. Der ist auf der Kontaktplatine mit jedem der unteren Kontakte verbunden. Das hat Hohner schon für uns erledigt.


Es kommt vor, dass Töne hängen oder gar nicht funktionieren. Deshalb ist es ratsam, alle Verbindungen zu den Steckern zu messen. Damit wird ausgeschlossen, dass ein Stecker nicht richtig gecrimpt ist oder ein Tastkontakt nicht schließt oder dauernd schließt.

Zur Überprüfung misst man alle Kontakte an den Steckern gegen Plus. Alle 45 Tasten dürfen erst Verbindung zu Plus haben, wenn man sie betätigt. Falls die eine oder andere Taste nicht funktioniert, ist Kontaktspray hilfreich. Wenn es dann immer noch nicht geht, kann man den jeweiligen Kontaktdraht vorsichtig minimal zurechtbiegen. Beschädigte Kotaktdrähte können zur Not gegen unbeschädigte getauscht werden. Schließlich hat man pro Taste drei Kontaktdrähte, die nicht benötigt werden, zur Reserve.


Jetzt kann die Halterung für die Platine wieder angeschraubt werden:

Der einzelne rote Draht, der hier zu sehen ist, ist der Pluspol.

Alle Tasten funktionieren? Dann geht es weiter.


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